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Voll auf die Zwölf?
Augsburger Zehner von 1527 bis 1533

von Dr. Thomas-Michael Kahl

 

Im Zeitraum von 1527 bis 1534 münzen die Reichstadt Augsburg, das Herzogtum Bayern, die Reichstadt Kempten, die Landgrafschaft Leuchtenberg, die Reichsmünzstätte Nördlingen, die Reichstadt Nürnberg, die Grafschaft Öttingen, die Pfalzgrafschaft Oberpfalz, die Pfalzgrafschaft Neuburg, das Hochstift und die Reichstadt Regensburg und das Erzstift Salzburg silberne Großmünzen mit einem Raugewicht von etwa 5,6g und sehr ähnlichem äußeren Erscheinungsbild, die lange Zeit in der Numismatik zu großer Verwirrung führten. Handelt es sich bei diesen Münzen um einen Vierteltaler, ein Zehnkreuzer- oder ein Zwölfkreuzerstück (Doppelsechser) und nach welcher Münzordnung waren sie geprägt worden?

Aus der Reichstadt Augsburg sind die Jahrgänge 1527, 1528, 1530, 1531 und 1533  dieser Münze bekannt. Alle Augsburger Münzen zeigen auf der Vorderseite unter der Kaiserkrone den Doppeladler, der das Augsburger Wappen (Pyr) im Herzschild in der rechten Klaue hält, und die Umschrift „CI . AVGVSTA - VINDELICOR“. Die Rückseite ziert der gekrönte Kaiser Karl V in Rüstung mit Reichsapfel in der linken und aufrechtem Schwert in der rechten Hand und die Umschrift „+ IMP . CAES – CAROLI . AVG . V . Jahreszahl“.

Zehner  Augsburg 1530
Forster 17, 30 mm, 5,55g
aus der Sammlung des Autors

 

A. v. Forster [1] benennt die Münzen als Zehner (Forster 15, 16, 17, 20 und 25) ebenso wie G. Förschner [2] (Förschner 201, 202, 203 und 204). W. Schulten [3] hingegen bezeichnet sie als 12-Kreuzer (Schulten 60).

Erst 1980 kann E. Beckenbauer [4] die allgemeine Unsicherheit beenden. In einem sehr gut strukturierten Artikel im Numismatischen Nachrichtenblatt stellt er zunächst alle bekannten Münzen der zwölf süddeutschen Münzstände dieser Art gegenüber. Er analysiert alle vorbeschriebenen Erklärungsversuche und kommt letztendlich mit Hilfe eines in der Staatlichen Münzsammlung München gefundenen niederländischen Münzbuchs aus Gent von 1552, das auch diese Großmünzen beschreibt, zu einem eindeutigen Ergebnis.

Es handelt sich bei all diesen Münzen um 10 Kreuzer mit ein Rauhgewicht von 5,6g und einem Feingewicht von 4,1g (Feingehalt = 750/1000). Die Münzen wurden gemeinschaftlich von allen genannten Münzständen bereits ab 1527 nach den Bestimmungen der erst am 11. Dezember 1533 offiziell verabschiedeten bayerischen Münzordnung geprägt.


Literaturverzeichnis:
[1] A. v. Forster, „Die Erzeugnisse der Stempelschneidekunst in Augsburg und Ph. H. Müller’s nach meiner Sammlung beschrieben und die Augsburger Stadtmünzen“, Kommissionsverlag von Karl W. Hiersemann, Leipzig 1910
[2] G. Förschner, „Deutsche Münzen – Aachen bis Augsburg“, Verlag Gutenberg, Melsungen 1984
[3] W. Schulten, „Deutsche Münzen aus der Zeit Karl V“, Frankfurt am Main 1974
[4] E. Beckenbauer, „Die deutschen Zehner von 1527 bis 1534“, Numismatisches Nachrichtenblatt“, 2/1980, Seite 42-51